Extrarunde für Stuttgart und den HSV – Relegation als letzte Hoffnung
Am Donnerstag (20:45 Uhr, live auf Sat 1 und Sky) empfängt der VfB Stuttgart den Hamburger SV. Der Bundesligist muss nachsitzen, weil alte Probleme den Pflichtsieg über Hoffenheim verhinderten. Der HSV muss nach dem großen Drama von Sandhausen mindestens noch zwei Spiele auf die Rückkehr in die höchste Spielklasse warten.
Man hatte den Aufstieg selbst in der Hand. Ein Sieg im Heimspiel gegen Hoffenheim hätte in jedem Fall den Klassenerhalt zur Folge gehabt. Doch das letzte Spiel in der regulären Bundesliga-Saison wurde zum Spiegelbild einer stürmischen Spielzeit.
Viele vergebene Chancen, wenig Ruhe vor dem gegnerischen Tor. Nur einen Schritt vom großen Ziel entfernt, doch zu inkonsequent, diesen auch wirklich zu gehen.
Nach dem 1:1 gegen die TSG Hoffenheim herrschte in der Mercedes-Benz Arena pure Frustration vor. Doch Trainer Sebastian Hoeneß – der den VfB Stuttgart als Tabellenletzter übernommen hatte, mit fünf Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz: „Als ich hier begonnen habe, schien die Relegation eine erstrebenswerte Option. Wir werden über die nächsten 180 Minuten den Klassenverbleib perfekt machen.“
Kein einfaches Unterfangen. Die junge Mannschaft verfügt über viel Talent, ist hinten aber überdurchschnittlich fehleranfällig. Vor allem bei gegnerischen Flanken passt die Zuordnung oft nicht. Gegen den Hamburger SV kann das zu einem echten Problem werden: Keine Zweitliga-Mannschaft schlug in der abgelaufenen Saison mehr hohe Hereingaben als die Rothosen.
Man muss sich etwas einfallen lassen, ansonsten kann man den 1,93 m großen HSV-Mittelstürmer Robert Glatzel (19 Saisontore) unmöglich permanent aus dem Spiel nehmen. Ob die Relegation „auch Spaß machen“ kann, wie Vorstandschef Alexander Wehrle sagte – werden die VfB-Fans endgültig erst beim Rückspiel in Hamburg (5. Juni) herausfinden.
Was den Stuttgartern auf jeden Fall Hoffnung macht: Von bislang 14 Relegationsduellen gingen 11 an den Erstligisten.
HSV muss Drama erst verkraften
Als Schiedsrichter Störks am Sonntag in Regensburg die lange Nachspielzeit von elf Minuten verkündete – eine Trinkpause und zwei Verletzungspausen nannte der Schiri als Grund -, brauchte der 1. FC Heidenheim noch zwei eigene Treffer, um dem HSV die Aufstiegsfeier zu vermiesen.
Ein Ding der Unmöglichkeit? Keineswegs. Jan-Niklas Beste und Tim Kleindienst trafen mitten ins Herz der tausenden HSV-Fans, die in Sandhausen bereits jubelnd das Spielfeld gestürmt hatten.
Der Bundesliga-Dino droht zum Zweitliga-Dino zu werden. Trotz eines regelmäßig ausverkauften Volksparks, trotz teils begeisternder Auftritte müssen die Hamburger noch zwei Spiele um die Rückkehr ins Oberhaus zittern.
Trainer Tim Walter trifft auf seinen Ex-Verein. Nach 20 mäßig erfolgreichen Spielen musste er den Verein vor der Winterpause 2019/20 verlassen. „Ich habe (Anm.: in Stuttgart) viel gelernt und habe jetzt beim HSV noch viel mehr gelernt“, ließ der Cheftrainer keine Zweifel an seiner Gesinnung aufkommen.
Für die Rothosen ist es ein Déjà-vu: Schon im Vorjahr musste man in die Relegation. Gegen Hertha BSC gewann man das Hinspiel in Berlin sogar 1:0 – ehe man sich im Rückspiel von Felix Magath abzocken ließ und 0::2 verlor. Eine Sache hat sich jedoch geändert: Im Vorjahr fühlte sich das Erreichen von Platz 3 nach einer durchwachsenen Spielzeit wie ein Erfolg an.
Nach dem Drama in Sandhausen und Regensburg nimmt man die zwei zusätzlichen Spiele aber ähnlich wie in Stuttgart wahr: Als nervige Pflichtaufgabe und nochmaliges Zittern-Müssen. Kein Wunder. Nach fünf Jahren Zweitklassigkeit hat der sechsfache deutsche Meister wieder Bock auf die ganz großen Aufgaben.
Teamnews: Saisonaus für Benes
Sebastian Hoeneß hat Planungssicherheit und kann derselben Mannschaft vertrauen wie im letzten Saisonspiel gegen Hoffenheim. Im Kasten ist Fabian Bredlow weiterhin gesetzt, auf der Neun wird natürlich Toptorschütze Serhou Guirassy (11 Tore) beginnen.
Fraglich ist einzig, ob Innenverteidiger Dan-Axel Zagadou nach seiner im Training erlittenen Fußverletzung am Dienstag bereits ein Thema für die Startelf ist. Außerdem müssen Waldemar Anton und Sila einer Verwarnung im Hinspiel bestmöglich aus dem Weg gehen – ansonsten fehlen sie im Relegations-Rückspiel kommenden Montag gelbgesperrt.
Der Hamburger SV muss auf Andras Nemeth (Knöchelbruch) und Noah Katterbach (Kreuzbandriss) verzichten. Obendrein gibt es schlechte Neuigkeiten von Laszlo Benes: Der Mittelfeldspieler erlitt beim 1:0-Erfolg in Sandhausen einen Muskelfaserriss und kann in den Spielen gegen Stuttgart nicht mithelfen.
Eine Gelbsperre droht Innenverteidiger Jonas David, Sonny Kittel und Goalgetter Robert Glatzel. Tim Walter wird seine Mannschaft in einer 4-3-3-Formation anordnen und einen starken Fokus auf das Spiel über die Außenbahnen legen.
Voraussichtliche Aufstellungen
Stuttgart (3-4-2-1): Bredlow – Mavropanos, Anton, Ito – Vagnoman, Karazor, Endo, Sosa – Silas, Führich – Guirassy
HSV (4-3-3): Fernandes – Heyer, David, Schonlau, Muheim – Reis, Meffert, Kittel – Jatta, Glatzel, Dompe
Prognose: VfB verschafft sich gute Ausgangslage
Die Favoritenrolle gehört dem VfB. Mit 70 Toren stellte der HSV zwar die stärkste Offensive in der 2. Bundesliga. Tim Walters unbedingter Wille, sich mit Ruhe und Übersicht nach vorne zu kombinieren, macht die Norddeutschen aber sehr anfällig für hohes Pressing – und früh Druck ausüben, ist die große Spezialität von Stuttgart. Wir glauben im Hinspiel an einen 2:1-Sieg für die Schwaben.